Mendoza liegt perfekt auf deiner Argentinien Reiseroute. Egal ob du grad aus Patagonien, dem Norden oder von Buenos Aires kommst. Von dort kannst du einen Bus nach Santiago de Chile nehmen. Dich erwartet eine spektakuläre Fahrt über den Paso de la Cumpre durch die Anden. Nun aber zu Mendoza, der Weinstadt in Argentinien.
Heute darf ich einen Mendoza Insider und Weinkenner befragen. Michael Walz wohnt schon seit 2005 in Argentiniens Weinhauptstadt.
1. Hallo Michael stell dich bitte kurz meinen Lesern vor.
Hallo Jörg. Vielen Dank für dein Interesse an Mendoza. Ich lebe, wie schon von dir erwähnt, seit 10 Jahren hier und arbeite als Englischlehrer und, in der Hauptsaison, von Oktober bis April, hauptberuflich als Reiseleiter. Letzteres mache ich seit 2011. Im vergangenen Jahr habe ich mich im Wine Institute Mendoza zum Spezialisten für Weintourismus ausbilden lassen und mit meinem Projekt Vintuition Tours gehe ich auf individuelle Reisewünsche ein und stelle für meine Kunden maßgeschneiderte Touren zu Weingütern in Mendoza zusammen.
2. Welche Orte sollte ich mir nicht entgehen lassen bei meinem Besuch in Mendoza? Hast du noch ein paar Geheimtipps welche die Massen ignorieren?
Da spielt die Dauer des Aufenthalts eine große Rolle. Die meisten Gruppen aus Deutschland, die ich hier betreue, bleiben kaum mehr als 24 Stunden in Mendoza. Da bleibt oft nur Zeit für eine Stadtrundfahrt und die Besichtigung eines Weingutes. Individualreisende bleiben im Schnitt drei bis vier Tage, und da kann man sich natürlich mehr ansehen. Mendoza selbst ist ganz leicht zu Fuß zu erkunden. Den Hauptplatz „Plaza Independencia“ und seine umliegenden Plazas España, Italia, Chile und San Martín, sowie die Fußgängerzone Sarmiento kann man locker in einer bis eineinhalb Stunden ablaufen. Sehenswert ist auch Mendozas größter Park „Parque Generla San Martín“, der mehr Fläche hat als der Englische Garten in München oder der Central Park in New York. Allerdings ist nur der Bereich in der Nähe der imposanten Tore zum Park für Fußgänger absolut sicher. Für den Rest würde ich den Sightseeing-Bus empfehlen.
Mindestens einen weiteren Tag sollte man für den Besuch von Weingütern einplanen, und noch einen für eine Fahrt in die Anden. Der längste Gebirgszug an der Erdoberfläche ist in der Provinz Mendoza auch am höchsten. Der Aconcagua, von dem man nach drei Stunden Fahrtzeit von Mendoza einen tollen Blick bekommen kann, ist mit 6962 Metern der höchste Berg außerhalb des Himalaya. Ich mache mit meinen Gästen immer gerne eine einstündige Wanderung auf knapp 3000 Metern Höhe zu einem schönen Aussichtspunkt. Überhaupt sind Freiluft-Freaks und Freunde von Abenteuersportarten in Mendoza gut aufgehoben: Rafting, Trekking, Mountainbiken, Klettern, Gleitschirmfliegen, Reiten, Off Road…ist hier alles möglich, und noch dazu vor oft sagenhafter Bergkulisse.
Da gibt es jede Menge zu erleben. Welches Cafe in Mendoza empfiehlst du uns?
Tja, da gibt’s in Mendoza sogar ne Kombination aus nettem Café und lustigem Geschäft: der Mercado Central (die zentrale Markthalle) in der Stadtmitte (an der Starsse Avenida Las Heras zwischen den Strassen Patricias Mendocinas und Avenida España). Im Café gibts viele Schwarz-Weiss Fotos, die einem zeigen, wie Mendoza Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts ausgesehen hat, und auf dem Markt gibts viele Spezialitäten aus der Region.
3. Was zeichnet die Menschen & Kultur im Vergleich zu Buenos Aires und anderen Städten aus? Gibt es da irgendwelche Besonderheiten?
Da gibt es einige Klischees, die ich weder bedienen kann noch möchte. Die Leute hier haben mir immer erzählt, die Einwohner von Mendoza seien verschlossener als andere Argentinier, aber das kann ich aus eigener Erfahrung überhaupt nicht bestätigen. Meine Frau ist von hier, und ich habe mich in ihrem Freundeskreis sofort wohlgefühlt. Das gleiche gilt in meinem Arbeitsumfeld mit Kollegen aus Mendoza. Ebenso wenig hatte ich jemals den Eindruck, die „Porteños“ (Einwohner von Buenos Aires), die ich im Lauf der Jahre kennengelernt habe, seien besonders arrogant. Was ich aus eigener Erfahrung auch sagen kann, ist, dass die Leute im argentinischen Nordwesten (Salta und Jujuy) ausgesprochen freundlich und bescheiden sind.
4. Jetzt zu deinem Fachgebiet: Weinanbau. Welche Weinsorten sind typisch für Mendoza und sollte ich unbedingt probieren?
Typisch für Mendoza und Argentinien ist die Rebsorte Malbec, die eigentlich ursprünglich um Bordeaux herum angebaut wurde und heute noch wird, aber hier wegen der klimatischen Bedingungen in Mendoza besonders gut gedeiht. Wer fruchtigen, leicht zu trinkenden Rotwein mag, ist damit bestens bedient. Allerdings ist ein bisschen Vorsicht geboten, weil der Malbec aus Mendoza einen durchschnittlichen Alkoholgehalt von zwischen 14 und 15 % hat. Hängt mit dem hohen Zuckergehalt der Trauben zusammen, die hier in Mendoza im Schnitt 320 Sonnentage abkriegen. Wer lieber Weißwein mag, dem kann ich das argentinische Eigengewächs Torrontés empfehlen. Wenn man an dem riecht, glaubt man, man hätte einen lieblichen, pappsüssen Wein vor sich, aber im Mund stellt man dann ausgeprägte Säure fest und hat einen waschechten „Nanu“-Effekt. Ein klasse Sommerwein, jedenfalls. Ansonsten werden in Argentinien alle üblichen Rebsorten angebaut: Cabernet Sauvignon, Merlot, Pinot Noir und Shiraz (rot), sowie Chardonnay, Sauvignon Blanc und Semillon (weiβ) sind nach Malbec und Torrontés die beliebtesten.
5. Bei vielen steht sicher die Besichtigung eines Weingutes auf dem Programm. Welche kannst du uns empfehlen?
Kommt ganz drauf an, was man sehen möchte. Es gibt große Weingüter mit viel Tradition, wie Trapiche oder Norton, mittelgroße wie Alta Vista oder Vistalba und kleine aber feine wie Mendel oder Viñas Cobos. In der Provinz Mendoza, die flächenmäßig ein bisschen größer ist als England, gibt es ungefähr 1500 Weingüter, aber nur ungefähr 10 % sind für Besucher geöffnet. Im Weinanbaugebiet gleich außerhalb Mendozas gibt es eher traditionelle Kellereien zu besichtigen, im Valle de Uco (einem Tal, das ungefähr eine Stunde mit dem Auto entfernt ist) ganz moderne. Meine Lieblingskellerei ist Bodega Ricardo Santos. Die sind gar nicht so sehr auf Tourismus ausgerichtet, aber sehr flexibel. Außerdem haben sie absolute Spitzenweine. Bei denen kann ich fast jederzeit anrufen und mich mit Besuch anmelden, und wir bekommen vom Kellermeister persönlich jedes mal eine Super-Tour mit toller Weinprobe, die nie die gleiche ist.
6. Jedes Jahr Anfang März feiert Mendoza sein Wein Fest „Fiesta Nacional de la Vendimia“. Kannst du uns das empfehlen, oder ist das Weinfest ein Massenauflauf wie in Rio Karneval?
Wenn man die Vendimia noch nicht kennt, sollte man sich das schon ansehen. Mit Weinfesten in Deutschland hat das allerdings nichts gemein, dann schon eher mit Karneval in Rio. Am Freitagabend gibt’s die „Vía Blanca“, einen Umzug der 18 Weinköniginnen aus allen Regierungsbezirken Mendozas durch die Innenstadt. Am Samstagmittag das „Carrusel“, nochmal ein Umzug,bei dem man sich die Weinköniginnen und ihre fantasievollen Umzugswägen bei Tageslicht anschauen kann. Da gehe ich jedes Jahr mit meiner Frau und unseren Töchtern hin, weil man da am besten die Begeisterung der Bevölkerung, vor allem der Kinder, für die Vendimia erleben kann. Die Hauptveranstaltung am Samstagabend ist von der durchaus langwierigen Wahl der nationalen Weinkönigin geprägt, und die Eintrittskarten sind relativ teuer und ausserdem schwer zu bekommen. Die Show mit hunderten von Tänzern und Sängern wird an den drei bis vier darauffolgenden Abenden wiederholt, und die Weinköniginnen gibts auch zu sehen. Da gehen dann auch Leute wie du und ich hin, da die Eintrittspreise angemessen sind. Ausserdem werden an jedem Abend Grössen der argentinischen, Pop-, Rock- oder Folkloremusik eingeladen, und das ist schon klasse. Ich hab mir die Show in drei aufeinanderfolgenden Jahren angesehen, und muss mir das mittlerweile, ehrlich gesagt, nicht mehr geben. Aber, wie erwähnt, wer’s noch nicht kennt, sollte es sich durchaus ansehen.
Vielen Dank Michael, für dein Interview. Ich wünsch dir viele nette Touristen und Schüler. Hier kannst du mehr über Michael und seine Weintouren erfahren.
#Lesetipp: Wichtige Argentinien Infos für deine Reiseplannung.
